Janne Teller – Nichts

Ein Fehler war das Verhalten der Kinder von einem herkömmlichen Standpunkt her nicht. Man achtet als durchschnittlicher Mensch ja zu einem gewissen Grad den Wertehorizont seiner Mitmenschen, da liegt die Besonderheit wohl noch nicht.

Es ist eher, daß sich als Gegenthese, bzw versuchter Gegenbeweis zu Pierre-Antons Sicht die Suche nach Bedeutung zu einem ausufernden Opferritual hochschaukelt, bei dessen Verlauf schon vergessen wird, zu welchem Zweck die Kinder es eigentlich veranstalten:







Die Kinder sind der Meinung, daß etwas Bedeutung hat oder wollen Pierre-Antons Weltsicht nicht wahrhaben, so gestalten sie vordergründig eine Sammlung bedeutungsträchtiger Gegenstände. Hintergründig aber spielen sie Pierre-Anton durchweg in die Hände: Sie fallen ihrer gegenseitigen Hinterlist zum Opfer, bringen ihre niederträchtigsten Seiten zum Vorschein, und das alles im Namen eines Phantoms namens Bedeutung. Bedeutung die mit dem Berg aus Bedeutung mehr eine Anhäufung schmerzhaften Verlustes sind - eine Praktik, mit der, ohne daß sie es gewollt hätten, der Sicht Pierre-Antons näher kommen, nur auf eine brachiale Weise anstatt in einer newtonschen Erleuchtung.

Was die Kinder als die Verteidigung des einzigen gegebenen, beständigen Wertes ihrer Welt, der Bedeutung, ansehen, gibt sich also mehr oder weniger als eine Phänomenologie der Abhängigkeit.

Was Pierre-Anton dagegen zu bieten hat, ist die Freiheit. Und da er die anderen Kinder verspottet und vollkommen auf seiner Erkenntnis beharrt, ist es natürlich zu erwarten, daß die Kinder, schon allein aus diesem arroganten Benehmen Pierres ihren Trotz entgegenbringen.

War das fahrlässig, war das durchdacht? Wer ist wirklich überlegen?